August 1978

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September 1978



Aus fernen Landen

Einen Situationsbericht sandte uns Ferdinand Gierse (Drosten Ferdinand) aus der Valme. Er arbeitet zur Zeit als Dipl. Ingenieur in Saudi-Arabien als Bauleiter der Frankfurter Baufirma Philipp Holzmann, seine Frau begleitet ihn.

„Um 22.30 Uhr Ortszeit (20.30 Uhr MEZ) setzt der Airbus der Lufthansa aus Frankfurt kommend nach siebenstündiger Flugzeit zur Landung in Jeddah an. Hunderte von Schiffen, die vor der Reede lagen, machen das Rote Meer zu einem Lichtermeer und deuten bereits an, welche Gütermengen in das reichste Ölland strömen. Unter uns liegt Jeddah, das Tor zu den heiligen Stätten des Islams, größte und bedeutendste Stadt Saudi-Arabiens und damit ständiges Ziel von Millionen mohammedanischer Pilger aus aller Welt. Der Ausstieg aus der Maschine lässt schnell europäische Temperaturen vergessen, 30-35 Grad mitten in der Nacht bei nahezu 100% Luftfeuchtigkeit.

Bereits im Empfangsgebäude öffnet sich eine völlig neue Welt. Menschen aller Länder tummeln sich in und vor dem Flughafen, lagern im Freien. Nach der Kontrolle des Reisegepäcks, die sich vor allem auf verbotene Waren wie Alkohol und Schweinefleisch erstreckt, sowie den üblichen Passformalitäten, geht die Fahrt durch das nächtliche Jeddah zum Camp, der draußen in der Wüste angelegten Unterkunft für die europäischen Firmenangehörigen.

Für diejenigen, die sich unter einem Camp nichts vorstellen können: Es handelt sich um ein eigens für die Einrichtung eines Projektes angelegtes Dorf, in unserem Fall mit ca. 40 Häusern, mit allen Einrichtungen und Bequemlichkeiten, wie man sie in Europa gewohnt ist. Hier ist man wieder in der gewohnten Umgebung. Ein kleines Haus, komplett eingerichtet, steht zur Verfügung. Auch Freizeiteinrichtungen gibt es wie Tennisplatz, Schwimmbad, Kegelbahn, Bücherei und Kino.

Der typische Alltag beginnt um 5.00 Uhr morgens. Um 6.00 Uhr beginnt die Arbeit auf der Baustelle, ca. 10 km vom Camp entfernt. Von 12.00 bis 13.00 Uhr ist Mittagszeit. Ein Wettrennen beginnt: Zum Camp, Essen, wieder zur Baustelle. Abends um 6.00 Uhr ist Feierabend. Dazwischen Besprechungen, Fahrten zum Hafen und zur Stadt, Telefonate mit Deutschland, Ärger mit Behörden, Personalschwierigkeiten; das angelernte und Hilfspersonal kommt aus aller Herren Länder. Eigene Verbindungsbüros in Ankara und Karatschi werben brauchbare Leute an und erledigen die Visumsformalitäten.

Hin und wieder Reisen nach Medina und Jizan, zwei Baustellen, die von Jeddah aus mitbetreut werden, oder nach Riyadh, dem Sitz des auftraggebenden Ministeriums. Ohne Flugzeug, das übrigens hier billiger ist als bei uns die Eisenbahn, wären diese Entfernungen natürlich nicht zu bewältigen. Ab und zu auch ein Flug nach Deutschland, die angenehmere Seite der Arbeit.

Nach Feierabend vielleicht noch eine Fahrt mit der Frau in die Stadt zum Einkaufen oder Schaufensterbummeln. Der Souk, der orientalische Basar im Zentrum der Stadt, ist immer wieder das Ziel. Am Donnerstagabend beginnt das Wochenende. Man lädt ein oder wird eingeladen; es gibt verbotene Getränke, hin und wieder eine Feier am Schwimmbad. Der Freitag ist unser Sonntag, eine Fahrt zum Strand oder einfach nur ausschlafen. Bei Temperaturen von 45 Grad im Schatten ist das Autofahren nur mit Klimaanlage erträglich. Im Hause laufen natürlich Tag und Nacht die Klimageräte.

Am Samstagmorgen beginnt dann wieder die neue Woche. Zur Zeit im August ist die Arbeitszeit recht angenehm. Das hängt mit dem islamischen Kalender zusammen. Der Ramadan, der islamische Fastenmonat hat begonnen, währenddessen der gläubige Moslem nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang weder essen noch trinken darf. Er ist deshalb zu keiner anstrengenden körperlichen Arbeit fähig. Die Arbeit beginnt um 5.00 Uhr und endet um mittags 13.00 Uhr. Nach ca. vier Wochen Fastenzeit schließen sich die 10-tägigen Fastenfeiertage an.

Der eigentliche Höhepunkt des religiösen Lebens ist jedoch die Hadsch-Zeit, die mohammedanische Pilgerzeit. Dann strömen zig-Millionen Menschen aus der ganzen islamischen Welt über Jeddah per Schiff oder Flugzeug nach Saudi-Arabien, dem Zentrum des Islams, ein. Sie besuchen die heiligen Stätten in Mekka und Medina. In einem unbeschreiblichem Chaos belagern die Menschen Straßen und Plätze, bieten ihre Habe zum Verkauf an, um die Reise zu finanzieren. Für uns übrigens die beste Gelegenheit, um billige Teppiche zu erwerben.

Währenddessen geht das Leben für uns seinen gewohnten Gang, anstrengend, aber sicher immer interessant. - Bei Gelegenheit mehr! Auch aus 5000 km Entfernung denken wir gerne an Ramsbeck. Alles Gute und Grüße an alle Bekannten, besonders Schüttlers Oma.

Ferdinand Gierse und Frau

Pastor Johannes Vor-25 Jahre Priester

Am 5. August 1978 konnte Pastor Johannes Vor von St. Margaretha in Ramsbeck sein silbernes Priesterjubiläum feiern. Stationen auf dem Priesterwege des gebürtigen Lüdenscheiders waren Lendringsen, Dortmund-Borsigplatz, Herne, Meschede und seit fünf Jahren Ramsbeck.

Pastor Vor sucht durch das sachliche Gespräch an die Menschen heranzukommen, Effekthascherei ist ihm zuwider. Es passt zu seiner Lebensauffassung, dass er auf jede äußere Feier verzichtet hat; er meint, nicht feiern zu können, wenn andere Menschen noch in Armut leben. In einem Dankgottesdienst, in dem sein Priesterfreund Alfons Schäfer aus der DDR die Predigt hielt, gedachte man des Ehrentages. Die Gläubigen wurden gebeten, statt eines Geschenkes ein Geldopfer für Anliegen der Diaspora und der Mission zu geben.

Wir wünschen Herrn Pastor Vor noch viele segensreiche Jahre im Dienste der Kirche