Januar 93

Dez92

1993

Feb93


Gedanken zum Jahreswechsel

War in Deutschland noch zum letztjährigen Jahreswechsel erwartungsvoller Optimismus in der Bevölkerung vorherrschend, so gehen viele Menschen das Jahr 1993 eher zaghaft und voller Sorgen an. Sorgen um den Arbeitsplatz, Sorgen um höhere finanzielle Belastungen lassen vielen die Zukunft düster erscheinen. Die Lage in der Welt trägt auch nicht besonders dazu bei, Optimist zu sein. Kriege in weiten Teilen der Welt trüben die Hoffnung auf eine Welt in Frieden. Ob in den Nachfolgestaaten der zerfallenen Sowjetunion, im ehemaligen Jugoslawien, in Somalia oder anderen Brennpunkten der Weit, überall treten sich Menschen in anscheinend unversöhnlichem Haß gegenüber.

Doch auch bei uns selbst ist Vieles nicht zum Besten bestellt. Der Motor des Aufbaus in den neuen Bundesländern stottert, dem Glückstaumel wegen der wiedergewonnenen staatlichen Einheit machte die Wirklichkeit ein jähes Ende. Übertriebene Erwartungen auf ein schnelles Wohlstandsleben konnten, ja mußten in Enttäuschung enden. Zu groß waren die Schäden, die 40 Jahre kommunistischer Herrschaft angerichtet hatten. Andererseits sind weite Teile der Bevölkerung der alten Bundesländer nicht bereit, für die Einheit größere Opfer zu bringen. Ost und West sind in Deutschland von der Einheit im Geiste weit entfernt.

Der große Strom an Asylbewerbern und das Unvermögen der Politiker, diese Flut der vom wirtschaftlichen Reichtum der Bundesrepublik angezogenen Wirtschaftsflüchtlinge zu meistem, haben in der Bevölkerung zu Wut und Staatsverdrossenheit geführt Davon haben leider Rechtsradikale profitiert, die die Ängste und Nöte der Menschen geschickt anheizen. Trauriger Höhepunkt der sich häufenden Ausschreitungen gegen Ausländer war ein Anschlag in Mölln, bei dem drei türkische Frauen ihr Leben lassen mußten. Die Täter waren meistens Jugendliche, die eine zunehmende Gewaltbereitschaft zeigen. Das Bild Deutschlands im Ausland hat unter diesen häßlichen Ausschreitungen sicher gelitten.

Doch wer angesichts dieser vielleicht nicht ganz so rosigen Aussichten verzweifeln will, sollte über den Tellerrand schauen; dann erfahren wir, wie gut es uns geht, aber wir erfahren auch, wieviel Elend in der Welt herrscht. Wir müssen wieder die Sensibilität gewinnen, die Not nicht erst ab einer bestimmten Größe begreift. Not ist bei uns nicht so sehr eine materielle, sondern mehr Vereinsamung und Verzweiflung. Ein gutes Wort, ein Besuch geben vor allem alten Menschen das Gefühl wieder, nicht vom übrigen Leben abgegrenzt zu sein. Wir in Ramsbeck könnten auch den Kontakt zu unseren türkischen Mitbürgern verbessern und verliefen. Wir schaffen so Freude und Lebensgefühl. Wer andere froh macht, bei dem hält selbst Freude und Hoffnung Einkehr.

Wir wünschen unseren Lesern Hoffnung und viel Freude im Neuen Jahr 1993.

STUFEN

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

Zu Ihrer Zeit und darf nie ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

An keinem wie an einer Heimat hängen,

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

Er will uns Stuf´ Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegen senden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden....

Wohlan denn, Mensch, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

Grußwort zum Jahreswechsel

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, verehrte Gäste der Gemeinde Bestwig!zzzz

Der bevorstehende Ablauf dieses Jahres gibt uns Veranlassung, auf einige Ereignisse hinzuweisen.

Wie in den Vorjahren wurden erhebliche Mittel in Kanalbaumaßnahmen investiert. Dies ist ein wesentlicher Beitrag der Gemeinde für Umweltschutz „vor Ort”. In Ramsbeck findet die Erschließung des Baugebietes „Am Heidfeld II” statt. Für das neue Baugebiet „Im Hinterfeld” (an der Straße nach Föckinghausen) im Ortsteil Velmede wurde der Grunderwerb getätigt. Ein wesentlicher Beitrag zum Abschluß der Sanierungsmaßnahme „Ortskern Bestwig” konnte mit dem Baubeginn des Bürgerzentrums/Verwaltungsgebäudes getan werden; der erste Spatenstich fand am 11. September statt.

Den sportlich-kulturellen Höhepunkt des Jahres stellte die Sport-Gala im Schulzentrum Franz Hoffmeister dar, die vom TuS Nuttlar und TuS Velmede-Bestwig am 17. und 18. November veranstaltet wurde. Diese Veranstaltung, an der der sechsfache Olympiasieger im Kunstturnen Vitali Scherbo aus Weißrußland teilnahm, war der krönende Abschluß einer Reihe von Aktivitäten der beiden Vereine, die in diesem Jahr auf ihr 100jähriges Bestehen zurückblicken können.

Den 2. Wappentag unter dem Motto „Sport” konnte die Gemeinde Bestwig am 29. 11. feiern.

Wie in der Vergangenheit wird es auch in Zukunft ein besonderes Anliegen sein, die freundschaftlichen Beziehungen mit den Gemeinden Niederorschel/Thüringen und Niederwiesa/Sachsen zu pflegen und zu vertiefen.

Wenn auch die finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte wegen der allgemeinen Konjunkturabschwächung zu Sorgen Anlaß gibt, werden doch neue Maßnahmen in Angriff genommen. Beispielhaft wird auf die beabsichtigte Erschließung der Baugebiete „Wiemhufe” Andreasberg, „Am Sengenberg” Nuttlar und „Im Hinterfeld” Velmede hingewiesen.

Im Kanalbau werden Maßnahmen in Wasserfall, Velmede (in de Ruhrwiesen) und Nuttlar (Fortsetzung im Bereich der B 7) durchgeführt.

Wir möchten allen danken, die im vergangenen Jahr für das Wohl unserer Gemeinde und ihrer Einwohner Arbeit geleistet haben. Wir wünschen Ihnen, liebe Mitbürgerinnen, Mitbürger und Gäste unserer Gemeinde, ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für das neue Jahr.

Bestwig, im Dezember 1992

Gemeinde Bestwig, gez. Hans-Georg Meyer, Bürgermeister

gez. Franz-Josef Esser, Beigeordneter

Walter Miederer wird 70 Jahre alt

Am 7. Januar 1993 vollendet Bergwerksdirektor a.D. Walter Miederer das 70. Lebensjahr. Der gebürtige Nürnberger ist schon viele Jahre dem Bergbau in Ramsbeck verbunden und damit auch dem Dorf, denn bereits 1951 begann er seine berufliche Tätigkeit als Betriebsassistent in der Ramsbecker Grube. Das Rüstzeug dazu hatte er sich durch Studienjahre an der TH München und der Bergakademie in Clausthal erworben, die er mit der Prüfung zum Diplom-Ingenieur abschloß. Nach leitender Tätigkeit in verschiedenen Gruben, darunter einige Jahre in der Türkei und in Spanien, übernahm er am 1.2.1969 die Leitung der Ramsbecker Grube bis zur Schließung im Jahre 1974; danach leitete er noch die Firma Fels- und Stollenbau. Seiner Initiative ist es maßgeblich zu verdanken, daß nach der Grubenschließung großzügige Sozialpläne erstellt wurden und kein Bergmann arbeitslos wurde. Auch zur Gründung des heute sehr erfolgreichen Ramsbecker Bergbaumuseums hat er weichenstellend beigetragen.

Sein Leben lang ist der Jubilar dem Sport verbunden. Einmal als heute noch aktiver Segler, der dem Segelclub Hennesee als 2. Vorsitzender gute Dienste leistet, dann als Tennisspieler und als Skifahrer. Zum Sport gehört sicher auch, daß er schon über 20 Jahre im Ramsbecker Freitagskegelclub „Ruck zuck” die Kugel schiebt. Über 20 Jahre leitete er als 1. Vorsitzender den TuS Valmetal, dessen Ehrenvorsitzender er heute ist. Zudem war er über 15 Jahre Vorsitzender des Gemeindesportverbandes Bestwig und als Sportwart Mitglied im Vorstand des Kreissportbundes des HSK. Als ein immer auf Ausgleich bedachter Mann konnte er die verschiedenartigsten Interessen koordinieren.

In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 6.12.1990 das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Wir wiederholen einmal das Wort von Bürgermeister Hans-Georg Meyer anläßlich dieser hohen Auszeichnung: „Unsere Gemeinde Bestwig ist stolz, solch einen Bürger in unserer Mitte zu haben.”

Wir schließen uns der sicherlich großen Schar der Gratulanten an und wünschen Walter Miederer noch viele lobenswerte Jahre an der Seite seiner Frau Irmgard, mit der er schon über 40 Jahre gemeinsam seinen Lebensweg geht.

Gemeindehaushalt 1993 verabschiedet

Am 16.12.1992 herrschte im Gemeinderat in Bestwig bei der Verabschiedung des Haushaltsplanes seltene Einmütigkeit, denn es gab einstimmige Zustimmung aller Ratsherren der vier Fraktionen. Gemeindekämmerer Ferdi Sauerwald hat den Haushaltsplan für unsere Leser in allen Einzelheiten erläutert.

Das Gesamtvolumen des Haushalts beträgt in Einnahmen und Ausgaben 42,878 Millionen DM, davon 26,418 Mio. im Verwaltungshaushalt (1992: 26,880 Mio.) und 16,460 Mio. im Vermögenshaushalt (1 992: 15,720 Mio.). Der Verwaltungshaushalt umfaßt alle Mittel, die den laufenden Betrieb einer Gemeinde sichern, der Vermögenshaushalt erfaßt alle Investitionen, mit denen Werte geschaffen werden.

Die Einnahmen im Verwaltungshaushalt kommen mit 17,6 Mio. DM aus Steuern und Zuweisungen, 6 Mio. kommen aus Verwaltung und Betrieb, davon allein 3,4 Mio. aus Gebühren wie Kanalgebühren, Müllabfuhr und Friedhofsbenutzung. Unter Sonstiges werden 2,9 Mio. DM verbucht. Bei den Ausgaben schlagen die Personalkosten und die Verwaltungskosten mit 5,3 und 8,6 Mio. DM zu Buche. 1,5 Mio. DM werden als Zuschüsse gewährt, etwa an den Sport, an die Vereine, an die Senioren - auch die Brezel zum Martinstag kommen aus diesem Topf. Unter Sonstiges fallen 11,2 Mio. DM an, darin sind 1,8 Mio. DM Zinsen enthalten und die um 1 Mio. auf 8 Mio. DM gestiegene Kreisumlage.

Der Vermögenshaushalt bezieht seine Einnahmen u. a. aus 2,680 Mio. DM Krediten, weitere 5 Mio. DM werden für Umschuldungen aufgewandt, aber diese Gelder belasten den Haushalt nicht. Aus der Rathausbaurücklage werden 3,3 Mio. DM entnommen. Grundstücksverkäufe bringen 900.000 DM. Beiträge wie Kanalanschlußgebühren bringen 1,1 Mio. DM. Es gibt vorwiegend zum Bau des Bürgerzentrums 2 Mio. DM Zuschüsse. Vom Land NRW kommen 465.025 DM als Abwasserinvestitionspauschale, die erstmals statt Zuschüssen gewährt wird. Berechnet wird diese Pauschale nach der Einwohnerzahl (66.186 DM für 11.821 Einwohner) und nach der Fläche (398.839 DM für 67,95 qkm Fläche).

Bei den Ausgaben werden für den Bau des Bürgerzentrums 4,985 Mio. DM ausgegeben, für die aber in gleicher Höhe Einnahmen vorhanden sind (Rücklage, Beteiligung HSK, Landeszuschuß). Für den Kanalbau sind 2,8 Mio. DM vorgesehen, die durch Kreditaufnahme finanziert werden. Gebaut wird der Kanalsammler in den Bestwiger Ruhrwiesen für 1,3 Mio. DM, der Kanal vom Nuttlarer Dümel für 911.500 DM, der Kanal im Baugebiet Sengenberg in Nuttlar für 550.000 DM und der Kanalsammler in Wasserfall für 135.000 DM. Für Straßenbau sind 980.000 DM vorgesehen, wobei der Schwerpunkt die Erschließung des Baugebietes Sengenberg ist. Für Grunderwerb werden 130.000 DM aufgewendet, während 1,2 Mio., DM in die Rücklagen fließen.

Aber auch kleinere Summen sind für die Bürger interessant-. Die Feuerwehr Nuttlar erhält für 210.000 DM ein neues Fahrzeug LF 8/6, davon kommt die Hälfte aus der Feuerschutzsteuer. Die Schulen werden mit 94.000 DM bedacht, wofür Mobiliar und EDV für Haupt- und Realschule gekauft wird. In den 53.000 DM Zuschüssen für Kultur stecken 30.000 DM Beiträge für die Schützenbruderschaften der Gemeinde. Die Sportler werden mit 42.000 DM bedacht, davon allein 34.000 DM für das neue Ramsbecker Tennisheim. Für die Tilgung von Krediten sind 717.000 DM ausgewiesen.

Die Steuersätze bleiben unverändert: Grundsteuer A = 160 Grundsteuer B = 280 %, Gewerbesteuer = 350 %. Der Wasserpreis bleibt bei 1,95 DM pro cbm, die Kanalgebühr steigt von 3,59 DM auf 3,84 DM pro cbm. Die Müllabfuhr erhöht sich pro Person von 66,29 DM auf 81,16 DM im Jahr.

Am 1. 1. 1992 hatte die Gemeinde 23.356.815 DM Schulden, das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1.975,88 DM. Den neuesten Stand konnte uns der Kämmerer noch nicht angeben, da z.Zt. noch nicht feststeht, ob ein vorgesehener Kredit in Höhe von 2,650 Mio. DM überhaupt voll ausgeschöpft werden muß. Wir werden den neusten Stand aber schnellstmöglich nachliefern. Erfreulich verläuft die Entwicklung beim Wasserwerk. Lag die Verschuldung am 1.1.1992 noch bei 6.701.080 DM, so beträgt sie am 1. 1. 1993 nur noch 6.238.914 DM. Die Pro-Kopf-Verschuldung sank von 566,88 DM auf 527,78 DM. Dies liegt daran, daß im Bereich des Wasserwerkes die großen Investitionen abgeschlossen sind.

Früherer Bergbau im Bereich der neuen Schutzhütte

Nach der Einweihung der neuen Schutzhütte bei Haus Reich wurde gelegentlich gefragt, wohin der Stollen führe, dessen oval gemauertes Mundloch wenige Meter neben der Hütte zu sehen ist. Der „Josephus-Stollen” wurde ca. 95 m rechtwinklig in den Berg getrieben. Ein am Ende des Stollens mit etwa 45 Grad Neigung nach oben aufgefahrener Überbruch (Schrägschacht) tritt nach 90 Metern neben dem Weg, der am „Josefs-Stollen” vorbeiführt, zu Tage aus. Die Öffnung war lange als ein gefährliches Loch bekannt.

Aus dem Josefs-Stollen, der lange Zeit Hauptförderstollen für die Bastenbergerze war, wurde handverlesenes Stück-Bleierz nach hier gebracht, abgekippt und über den Josephus-Stollen zur nahen Hütte transportiert. Den gleichen Weg dürften Erze aus dem nicht weit entfernten Carl-Friedrich-Stollen genommen haben. Das ursprünglich ebenfalls oval gemauerte Mundloch ist heute noch, wenn auch durch Gebirgsdruck verformt, zu sehen.

In den Grubenbauten im und über Niveau Valme-Stollen konnten nur begrenzte Erzmittel abgebaut werden. Eine Verbindung zum Josephus-Stollen besteht nicht. Der Valmestollen liegt ca. 18 Meter unter dem Josephus-Stollen.

Die 1835 errichtete Bleihütte wurde 1853 erneuert und erweitert, 1907 stillgelegt.

Am Denkmalschutz war man seitens der Konzessionäre beim endgültigen Betriebsschluß vor 18 Jahren wenig interessiert. So wurden am Josephus-Stollen die ersten sechs Meter Mauerwerk einfach mit einer Planierraupe zusammengeschoben. Das Mundloch des Josef-Stollens ist heute leider nur noch durch eine Mulde angedeutet.

Hans Windpassinger

Brieftaubenschau in Ramsbeck

Die Reisevereinigung Meschede der Brieftaubenzüchter stellte am 28./29. 11. 1992 in der Ramsbecker Schützenhalle 226 Tiere aus, die sich vorher den gestrengen Augen der Prüfer stellen mußten. Gewertet wurde dabei der Gesamteindruck von Auge und Kopf, der Knochenbau mit Brustbein und Becken, die Form und Festigkeit des Rückens, die Muskulatur mit harmonischem und gleichgewichtigem Körperbau und die Qualität des Gefieders. Als Idealpunktzahl können 95 Punkte erreicht werden.

Die Ausstellung hatte der BZV „Ruhrperle” Velmede übernommen, der Bürgermeister Hans-Georg Meyer als Schirmherrn gewinnen konnte. Beschickt wurde die Ausstellung von Züchtern aus Oeventrop, Freienohl, Wennemen, Meschede, Eversberg, Heinrichsthal, Bestwig, Elpe, Bödefeld, Siedlinghausen und Ramsbeck. Im heimischen Raum züchten Friedhelm Jaschzurski sowie Erwin und Ralf Becker aus Ramsbeck, Rudolf Köster aus Andreasberg und Jens Gockel aus Heringhausen. Der 17 Jahre junge Jens schnitt bei der Ausstellung hervorragend ab, denn er stellte die beste männliche Taube der Ausstellung und wurde Gesamtsieger mit einem ersten, zwei dritten und einem fünften Platz. Das beste Weibchen hatte die Züchtergemeinschaft Porwol und Sohn aus Wennemen.

Taubenzüchter lassen im Jahre 13 mal ihre bis zu 100 km/h schnellen Luftflitzer auf Preisflug fliegen, vorwiegend von den neuen Bundesländern aus und aus Posen (640 km). Dabei kann auf die Tauben ein Preis gesetzt werden, der das Vierfache des Einsatzes einbringt. Jede dritte Taube gewinnt. Nur drei Tauben der Ausstellung hatten an allen 13 Preisflügen mit insgesamt 4.505 km teilgenommen und 13 Preise gewonnen. Sie gehören Rubarth/\Nortmann aus Freienohl, Stephan Rasche aus Meschede und Meinhardt Schmidt aus Wennemen.

Wenn man Brieftauben züchten will, bekommt man meist die ersten Tiere von anderen Züchtern zum Start geschenkt. Über jede Taube wird ein Stammbaum geführt, der Kennern sofort etwas über die Qualität der Taube aussagt. Dieser „Rennsport des kleinen Mannes” ist gar nicht so billig: eine Durchschnittstaube kostet immerhin bis zu 200 DM, doch es gibt auch Liebhaberpreise bis zu 50.000 DM (vergleichbar der Blauen Mauritius, die bei Briefmarkensammlern inzwischen mehrere Millionen wert ist).

Zur Ausstellung wurden der Reisevereinigung etliche Tiere geschenkt, die meistbietend verkauft wurden. Diese Geschenke sind natürlich nicht ganz uneigennützig, denn der Züchter bekommt mit der Ausstellung der geschenkten Tiere Gelegenheit, auf seine Zucht aufmerksam zu machen.

Aufgelockert wurde die Ausstellung durch das Kaninchendorf, das die Ramsbecker Kaninchenzüchter ihren Kleintierzuchtfreunden ausgeliehen hatten.

Am Samstag, dem 28. 11., traf man sich im Speiseraum der Schützenhalle zum Festball mit Tanz, wozu auch die Ramsbecker Bevölkerung eingeladen war.

Gutes Blutspendeergebnis

Die Blutspendewelt in Ramsbeck und Umgebung scheint wieder in Ordnung zu sein. 152 Spendewillige, darunter 8 Erstspender, kamen zum Blutspendetermin am 3. Dezember 1992 in die Grundschule. Allerdings wurden 11 Personen aus unterschiedlichsten Gründen nicht zur Ader gelassen, da die Bestimmungen verschärft worden sind. Besondere Spendenfreundlichkeit darf man der Familie Josef Schmitt aus Ramsbeck bescheinigen, die mit sechs „Mann” hoch zum Spenden kam.

Wieder konnten Blutspender für wiederholtes Spenden mit Urkunden, Nadeln und kleinen Geschenken belohnt werden. Nach der Blutspende wurden wie immer Würstchen, belegte Brötchen, Kaffee und Cola gereicht. Als „Schmankerl” konnte man die Auswahl zwischen einer Tafel Schokolade und einem Schnäpschen treffen.

Die Bronzenadel für drei Spenden erhielten Nicole Menke, Stefan Sommer, Astrid Solbach, Christian Köster und Katja Baetzel. Silke Heimes erhielt Silber für sechs Spenden. Das Gold für zehn Spenden wurde Micki Bagaric und Siegfried Koch übergeben. 15er Gold bekamen Manfred Wachsmann, Burkhard Schlüter und Hildegard Schrewe. Für 25 Spenden ausgezeichnet wurden Günther Schulte, Alfons Schneider und Manfred Nieder, während es Berthold Kersting, Annegret Hesse und Hans-Josef Beule bereits auf 40 Spenden brachten. Spitzenreiter des Tages war Heringhausens Feuerwehrboß Josef Rüthing mit der 50. Spende, für die noch in Meschede besonders geehrt wird.

Erfolgreiche Fahrradprüfungen

Verkehrserziehung hat in den Lehrplänen der Schulen einen festen Platz, denn dadurch sollen die Kinder fit für den Straßenverkehr gemacht werden. Auch die Polizei wird in diesen Aufklärungsunterricht einbezogen; mit Polizeimeister Günther Hartmann schickt sie einen Fachmann ins Feld, der die Kinder begeistern kann. Mit seiner lockeren Art und seinen witzigen Sprüchen („Ich habe vier Sterne - einen unter Metaxa”) kann er die Kinder motivieren

Nach theoretischer und praktischer Vorbereitung legten die Schüler der beiden 4. Schuljahre der Ramsbecker Grundschule am 27. 11.92 die theoretische und praktische Prüfung ab. Zunächst musste ein Fragebogen ausgefüllt werden, in dem die Kenntnis theoretischer Fragen getestet wurde. Einige Schüler müssen hier noch Nachprüfungen ablegen, da sie nicht die nötige Punktzahl erreichten.

Bei der praktischen Prüfung mit dem Fahrrad bewiesen aber alle, daß sie gut aufgepaßt hatten. Zu fahren war eine Strecke von der Schule bis zur Post, dann in Gegenrichtung bis zum Hotel „Adler” und zurück zur Schule, wobei das schwierige Linksabbiegen beherrscht werden muß

Nach der Prüfungsfahrt überreichte Polizeihauptmeister Günther Hartmann den Kindern den Radfahrführerschein, der ihnen bescheinigt, daß sie verantwortungsvoll am Straßenverkehr als Radfahrer teilnehmen können. Wenn sie die Nachprüfung bestehen, erhalten die weniger erfolgreichen Schüler aus den Händen ihrer Klassenlehrer Anne Lochthove und Werner Bültmann den begehrten Ausweis.

Erfolgreiches Fort Fun

Mit einer satten Steigerung der Besucherzahlen um 8 % konnte der heimische Freizeitpark Fort Fun 1992 aufwerten; über eine halbe Million Besucher strömten in den Park. Damit zeigte sich, daß die Chefs mit ihrem Freizeitangebot und den immer wieder notwendigen neuen Investitionen richtig lagen. Das im Jahr 1992 hinzugekommene Riesenrad war auf Anhieb ein Renner in der Publikumsgunst neben den über 30 Attraktivitäten. Hier geben immer noch die „Oldtimer” Rutschbahn vom Stüppel und Wasserbahn den Ton an.

Bereits jetzt laufen die Arbeiten zum weiteren Ausbau des Parks auf Hochtouren. Eine Elektro-Eisenbahn läßt im kommenden Jahr den Freizeitpark „erfahren”. Die sechs bis acht Züge mit je sechs Wagen zu je vier Fahrgästen schaffen in der Stunde den Transport von 600 Besuchern. Vom Bahnhof am Riesenrad kann man 1.600 m rund um den Park fahren, wobei die Bahn Steigungen bis zu 12 % bewältigt. Weitere Haltestellen sind bei der Marienkäferbahn und oberhalb der Wasserrutsche vorgesehen. Die Firma Einhäuser aus Nuttlar erstellt zur Zeit die Fundamente der Trasse, aufgebaut wird die Bahn von der Herstellerfirma aus der Schweiz. Bisher lief sie ein halbes Jahr bei der Landesgartenschau in Stuttgart, bis sie nun ins Sauerland gekauft wurde. Der neue Service am Parkbesucher, der immerhin vier Millionen DM an Investitionen verschlingt, darf kostenlos benutzt werden. Einsatzfähig wird die Bahn etwa im Juni 1993 sein. Hinzu kommt ein Karussell mit einer Kaffeetassenfahrt, früher als Kaffeemühle bekannt.

In Fort Fun herrscht trotz Beendigung der Saison keinesfalls Winterruhe. Über 30 Beschäftigte überholen zur Zeit die Fahrgeschäfte und führen Reparaturarbeiten aus, denn bereits im März kommt der TÜV und nimmt alle Einrichtungen des Parks ab. Auch die drei Gärtner dürften nach einer kurzen Winterpause genug zu tun haben, um die Voraussetzungen für den blühenden Park zu schaffen. Hauptaufgabe im nächsten Jahr dürfte die Beseitigung der durch den Bau der Rundbahn entstandenen Schäden sein. Normal arbeiten etwa 100 Menschen im Park, aber in der Hochsaison werden es mit den Pächterangestellten und den Aushilfskräften weit über 200 Beschäftigte sein, die hier Arbeit finden.

Reinhold Bültmann, Leiter des Freizeitparks, schätzt, daß sich durch die alljährlich neu geschaffenen Attraktionen die Besucherzahl weiter erhöhen wird. Allein in diesem Jahr kamen 10 bis 15 % der Besucher aus den neuen Bundesländern. Im kommenden Jahr wird es eine leichte Erhöhung der Eintrittspreise für Erwachsene auf 24 DM geben, Kinder zahlen 22 DM, Gruppen ab 20 Personen läßt man für je 19 DM herein. Schulklassen haben immer schon einen Sondertarif. Geblieben ist das günstige Freitagsangebot: Ein erwachsener Vollzahlender darf zwei Kinder kostenlos mit in den Park nehmen. Mit diesen Preisen liegt Fort Fun deutlich unter den Eintrittspreisen anderer Freizeitparks.

Waldreiches Bestwig

NRW-Umweltminister Klaus Matthiesen legte kürzlich die aktuelle Waldflächenstatistik für den Hochsauerlandkreis vor, die, auch die Waldanteile der Städte und Gemeinden an der Gesamtfläche enthält. Wußten wir schon lange, daß der Mittelpunkt des HSK im Bereich des Bastenberges liegt, so ist diese Erkenntnis neu: Die Gemeinde Bestwig ist mit 67,94 % ihrer Gemeindefläche mit Wald bedeckt. Damit liegt sie an der Spitze des HSK.

Die Zahlen für den Hochsauerlandkreis:

Stadt/Gemeinde Gesamtfläche qkm Waldfläche qkm Prozent

1. Bestwig 67,94 46.16 67,94

2. Winterberg 147,83 99.56 67,34

3. Olsberg 117,90 78.65 66,70

4. Arnsberg 193,43 120.82 62,46

5. Sundern 192,84 115.20 59,74

6. Schmallenberg 302,33 172.60 57,09

7. Meschede 218,51 124.52 56,99

8. Medebach 126,05 63.55 50,41

9. Brilon 228,97 112.16 48,98

10. Eslohe 113,29 55.25 48,77

11. Hallenberg 65,36 31.40 48,04

12. Marsberg 182,01 70.54 38,76

Gesamt - HSK 1,956,46 1,090.41 55,73

Beklagt wird im Bericht, daß der Wald immer stärker - trotz Verbots - befahren wird, vor allem mit Mountain-Bikes. Dies führe zu einer erheblichen Belastung, auch der Tiere und Pflanzen. Nicht im Bericht fanden wir allerdings einen Hinweis darauf, daß Jagdberechtigte zuweilen Spaziergänger (auf Waldwegen) recht mißtrauisch und unverhohlen unfreundlich mustern, selbst aber im geländegängigen Wagen bis vor die Hochsitze fahren.

Zweiter Wappentag der Gemeinde Bestwig

Die Gemeinde Bestwig beging am Sonntag, dem 29. November 1992, mit einer Sondersitzung des Gemeinderates in Junkern Hof ihren zweiten Wappentag. Bürgermeister Hans-Georg Meyer erläuterte in seiner Begrüßungsrede noch einmal, welchen Sinn dieser Wappentag hat: Schutzpatron der Gemeinde ist St. Andreas, dessen Namenstag man am 30. November feiert. Äußeres Sinnbild des Patrons ist das Andreaskreuz, welches das Wappen der Gemeinde ziert. Im Nahbereich dieses Festes will die Gemeinde mit diesem Tag den Kontakt zwischen Gemeinderat, Vereinen und Bürgern pflegen. Dieser Tag soll die Bürger der Gemeinde auffordern, Privatinitiative zu ergreifen, mitzumachen und mitzugestalten. „Gemeinde ist dann attraktiv, wenn sich die Bürger darin wohlfühlen, wenn alles, was Lebensqualität ausmacht, vorhanden ist. Dies ist zwar utopisch, aber wir alle wollen dieser Utopie einen Schritt näher kommen.”

Nach der Würdigung des sozialen Engagements von Bürgern im Vorjahr hatte man in diesem Jahr dem Sport die Schwerpunktrolle zugedacht. Aus diesem Anlaß hielt MdB Ferdi Tillmann die Festrede. Der Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages hob die Bedeutung des Sports für unser Leben hervor, der Gesundheit, Lebensfreude, Kultur, Leistung (damit auch Enttäuschung und ihre Überwindung), Gemeinschaft und viel Idealismus bringe. Es sei eine gute Entscheidung der NRW-Landesregierung gewesen, den Sport in die Landesverfassung zu verankern. Wenn in unserer von Finanzkrisen geplagten Zeit gespart werden müsse, dürfe dies in erster Linie die Sportförderung betreffen. Bestwig habe eine vorbildliche Sportvereins-Struktur mit 20 Vereinen und 4.700 Mitgliedern. Dazu komme noch eine gute Ausstattung mit Sportstätten, was nicht zuletzt auf die sportfreundliche Haltung der Gemeinde zurückzuführen sei.

Hans-Georg Meyer ehrte im Anschluß an die Festrede verdiente Sportler der Gemeinde, die ihren Verein geehrt und unsere Gemeinde in den Mittelpunkt des Interesses gerückt hätten. Die Rhönradturner des TuS Velmede/Bestwig bekamen aus der Hand des Bürgermeisters den Wappenteller der Gemeinde. Paulo Lucena Silva, Bodo Brücher, Rainer Sökeland und Daniel Tomé (übrigens ein Ramsbecker Junge) hatten national und international Meisterschaften für ihren Verein errungen. Der Dank und die Anerkennung galt auch ihrem Trainer Paul Sieler, der sie in solch sportliche Höhen geführt hatte. In gleicher Weise geehrt wurde aber auch Ferdi Becker aus Heringhausen, der40 Jahre lang als Schiedsrichter für sportliche Ordnung auf den Fußballfeldern gesorgt hatte. Der 62jährige bekannte, daß er aus Spaß an der Sache noch nicht daran denkt, den schwarzen Kittel an den berühmten Nagel zu hängen.

Alfons Liese aus Ostwig, Vorsitzender des Gemeindesportverbandes, dankte der Gemeinde in einem Grußwort für den Stellenwert, den die Gemeinde dem Sport einräume. Er verwies auf große aktuelle Jubiläen in diesen Tagen. In diesem Jahr 1992 konnte der TuS Velmede/Bestwig wie auch der TuS Nuttlar 100 Jahre alt werden, der TuS Valmetal folgt damit im Jahre 1993. Er regte an, eine sportliche Chronik der Gemeinde zu erstellen, denn die Gemeinde Bestwig sei reich an Geschichte. aber arm an Dokumenten darüber. Bürgermeister Meyer griff diese Anregung auf und versprach, den Vorschlag zu unterstützen.

Umrahmt wurde der festliche Akt von der Musikgruppe der Realschule Bestwig, die unter der Leitung von Vizedirektor Norbert Schäfer aufspielte.

Bundesverdienstkreuz an Wolfgang Wenzel

Am 22. 12. 1992 überreichte Landrat Franz-Josef Leikop das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Wolfgang Wenzel aus Meschede. Damit wurde die jahrelange ehrenamtliche Tätigkeit des Polizeihauptmeisters gewürdigt. Der Landrat zitierte in Junkern Hof aus der Begründung, die zur Verleihung führte: Seit 1966 bemüht er sich als Mitglied und langjähriger Vorsitzender der International Police Association (IPA) Hochsauerland um die Pflege der Kontakte zwischen Polizisten der gesamten Welt. Stolzer sichtbarer Beweis seiner Tätigkeit ist das Ramsbecker IPA-Haus, dessen Bau er maßgebend beeinflußt hat. Zudem arbeitet er seit 1972 in der Bezirksverkehrswacht mit und hat sich besonders der Seniorenbetreuung und der Verkehrssicherung der Schulwege angenommen. Überdies stand der Kommunalpolitiker für die FDP in Meschede seinen Mann.

Groß war die Schar der Gäste, die sich mit Wolfgang Wenzel über die hohe Auszeichnung freuten. Hermann-Josef Meyer, der im Namen der zahlreich erschienenen IPA-Mitglieder sprach, drückte seine Genugtuung über die beispielhafte Ausstrahlung der Auszeichnung aus. Monika Brunert-Jetter, einzige Bezirksverkehrswacht-Vorsitzende in NRW, überreichte ein Bild der Stadt Meschede. In launigen Worten feierte Meschedes Bürgermeister Franz Stahlmecke seinen rührigen Bürger. Er freue sich, wenn Bürger über ihren Beruf hinaus sich für das Allgemeinwohl zur Verfügung stellen. Gemeindedirektor Werner Vorderwülbecke lobte die Bedeutung des Ramsbecker IPA-Hauses, das ein Teil der Arbeit Wolfgang Wenzels sei. Der Leiter der Polizei im HSK, Polizeidirektor Wilhelm Lentner, hatte die Auszeichnung für Wolfgang Wenzel vorgeschlagen. Er bekannte: „Sie stehen für viele, die sich über ihren Dienst hinaus einsetzen. Ihre Ehrung ehrt auch alle Polizeibeamten im HSK.”

Aus Holland war eigens Jan Brunting angereist, der seit Jahren zu den Freunden von Wolfgang Wenzel und des IPA-Hauses zählt.

Wolfgang Wenzel war glücklich und dankbar und bezog in die Ehrung auch seine Familie ein, die ihn bei seinen ehrenamtlichen Bemühungen tatkräftig unterstützt habe. Arbeit in der IPA wertete er als Mitbauen am europäischen Haus.

Die Ramsbecker Bergschule

Im Archiv der Ramsbecker Schule wird eine alte Akte aufbewahrt, die mit dem Jahre 1838 beginnt. Die vielen Seiten in manchmal schwer zu lesender Sütterlin-Schrift, die anscheinend noch niemand vollständig gelesen hat, gestatten einen interessanten Einblick in die Schulverhältnisse Ramsbecks vor 150 Jahren.

Seit Januar 1818 war Caspar Flues als Schulvikar in Ramsbeck tätig: Neben seinen geistlichen Funktionen brachte er den schulpflichtigen Kindern das Lesen und Schreiben bei. Als Vikar erhielt er jährlich 86 Taler 1 Silbergroschen 8 Pfennige aus der Stiftung der Ramsbecker Einwohner im Jahre 1766. Für jedes Schulkind zahlten ihm die Eltern zusätzlich 11 Silbergroschen 6 Pfennige pro Jahr. Weil Vikar Flues wegen seines fortgeschrittenen Alters dieser Doppelbelastung durch Kirche und Schule nicht mehr gewachsen war, hatte er später trotz seines kärglichen Einkommens den „Hilfslehrer” Röttger Krüper nach Ramsbeck geholt und selbst bezahlt und beköstigt. Doch im August 1838 wurde Vikar Flues vom Schulinspektor und Pfarrer Böschen aus Meschede aufgefordert, „ein qualifiziertes Subject zu wählen, da der Substitut (= Stellvertreter) Krüper in Ramsbeck bei der Regierung verschieden angeklagt und es ihm an den jetzt erforderlichen Fähigkeiten fehlen soll.”

Daraufhin beschloß der Ramsbecker Schulvorstand im Jahre 1839, einem richtigen Seminarlehrer ein Jahresgehalt von 100 Talern zu bewilligen und das Schulgeld für jedes der 60 Kinder aus Ramsbeck, Dörnberg, Berlar und Wasserfall auf 24 Sgr zu erhöhen. Die königliche Regierung in Arnsberg genehmigte diesen Beschluß mit Schreiben vom 31. März 1840 „aus dem besonderen Grunde, weil die Eingesessenen von Berlar bisher schon ein Schulgeld von 24 Sgr gezahlt haben, und die Eingesessenen von Ramsbeck um so weniger Grund haben, über die Gleichstellung sich zu beschweren, als ihre Kinder Gelegenheit haben, außer der Schulzeit in den nahen Bergwerken ihr Schulgeld reichlich zu verdienen.”

Diese Gelegenheit hatten viele Eltern von Ramsbeck und vom Dörnberg in den Sommermonaten wahrgenommen, seitdem der Kaufmann Caspar Josef Cosack aus Arnsberg 1832 die meisten Anteile der „Ramsbecker Gewerkschaft” erworben hatte und mit Mut und Tatkraft ans Werk gegangen war, um Erzgänge durch neue Stollen zu erschließen. Produktion und Absatz steigerten sich besonders, nachdem 1836 die Straße von Velmede nach Ramsbeck gebaut worden war. Laut Ministerial-Erlaß vom 9. März 1839 durfte aber „niemand vor zurückgelegtem neunten Lebensjahr in einer Fabrik oder bei Berg-, Hütten- und Pochwerken zu einer regelmäßigen Beschäftigung angenommen werden. Wer noch nicht einen dreijährigen regelmäßigen Schulunterricht genossen hatte, oder durch ein Zeugnis nachwies, daß er seine Muttersprache geläufig lesen konnte und einen Anfang im Schreiben gemacht hatte, durfte vor zurückgelegtem sechzehnten Jahre zu einer Beschäftigung in den genannten Anstalten nicht angenommen werden.”

Als am 2. Mai 1840 der erste am Seminar in Büren ausgebildete Lehrer, Peter Braun aus Winterberg, nach Ramsbeck geschickt wurde und Vikar Flues von seiner Schulpflicht ablöste, fehlte in der Schule ein Namensverzeichnis der schulpflichtigen Kinder, und Lehrer Braun wußte nicht einmal, „wie viele und welche Kinder gesetzlich dem Schulunterrichte beiwohnen müssen.”. Wahrscheinlich waren viele Kinder gar nicht erschienen, weil sie von ihren Eltern morgens wie gewohnt zur Arbeit auf die Erzhalde geschickt worden waren, obwohl Schulpflicht bestand. Bürgermeister Nausester vom damaligen Amt Eversberg hatte noch am 20. April des Jahres an Vikar Flues geschrieben: „Euer Wohlehrwürden werden ersucht, doch gefälligst strenge darauf zu halten, daß der Lorenz Hoffe von Dorrnberg, der zufolge Anzeige des Pfarrers Bigge zu Velmede noch schulpflichtig ist, und einen Entlassungsschein aus der Schule bis dato noch nicht erhalten, den für die auf dem Bergwerke zu Ramsbeck arbeitenden schulpflichtigen Kinder bestimmten Unterricht so lange täglich einmal besucht, bis derselbe einen Entlassungsschein von Pfarrer Bigge in Velmede vorzeigt. Es ist dem Vater des Schulpflichtigen Lorenz Hoffe bei 1 Thaler Strafe aufzugeben, seinen Sohn sofort zur Schule zu schicken.”

Als Vikar Flues und sein Gehilfe Krüper in Ramsbeck Schule hielten, hatten sie im Sommer für die arbeitenden Kinder - einige mußten auch das Vieh hüten - abends ab sechs Uhr Sonderunterricht gegeben, damit sie wenigstens das Nötigste lernten. Lehrer Braun und seine Nachfolger, Johann Padberg (1840/1841) und Franz Artmann (1841/1842), waren gezwungen, auch im Sommer normalen Unterricht am Vormittag und am Nachmittag zu halten. Wie war der Konflikt zwischen Arbeit und Schulpflicht zu lösen?

Am 8. Mai 1842 richteten Ramsbecker Einwohner eine Bittschrift, an der wahrscheinlich Grubenbesitzer Cosack maßgeblich beteiligt war, an den Schulinspektor Böschen, „. . . doch zu veranlassen, daß recht bald erlaubt werde, unsere Kinder wie früher in den Sommermonaten zur Arbeit senden zu dürfen und ihnen den Unterricht in den Abendstunden ertheilen zu lassen. Ohne Vermögen sind wir auf unsere Händearbeit verwiesen, und da viele von uns entweder arbeitsunfähig, oder so dürftig oder sogar Wittiben sind, so ist die Mitwirkung unserer Kinder zu unserem Lebensunterhalte unbedingt nothwendig ...”

Zehn Tage später lag die interessante Stellungnahme des Pfarrers Bigge aus Velmede vor, in der er u. a. schrieb: „... der Petition liegt eigentlich ein doppeltes materielles Interesse zu Grunde. Das eine, welches eben nicht klar bezeichnet ist, besteht darin, daß sich die Bleigewerkschaft bei den Kindern viel besser steht als bei den Erwachsenen, indem die ersten vermöge der ihrem Alter eigenthümlichen Beweglichkeit und aus Scheu vor dem sie überwachenden Auge die Arbeit weit rascher fördern, und dabei sich mit 1/2, 1/3 oder gar 1/4 des gewöhnlichen Tagelohns für Erwachsene begnügen müssen. Die Gewerkschaft wird es daher bei den Eltern nicht an Aufmunterung fehlen lassen, ihre Kinder auf die Halde zu schicken.

Das andere, die bezügliche Petition motivirende, ganz besonders hervorgehobene Interesse ist der süße Traum der Eltern, sich ganz oder doch zum guten Theile, von ihren noch schulpflichtigen Kindern ernähren zu lassen.”

Ganz entschieden lehnte Pfarrer Bigge, der damals zum Schulvorstand gehörte, einen Unterricht in den Abendstunden ab: „Allein was wird dieser Unterricht leisten können, namentlich bei Kindern, welche den ganzen Tag gearbeitet haben und nun der körperlichen Ruhe bedürfen, daher, und bei ohnehin mangelndem innerem Antriebe, für den Unterricht entweder ganz taub sind oder nur ein halboffenes Ohr haben, sich selbst und dem Lehrer zur Qual.”

Daraufhin wurde laut Erlaß der königlichen Regierung vom 24. Mai 1842 die sogenannte Bergschule eingeführt. Von Ostern an, wenn ein Teil der Kinder das Vieh hütete und die anderer! die Erze auf der Halde aussonderten bestand folgende Regelung: Die Bergschule begann gegen 5 Uhr morgens, (je nach Witterung auch wohl gegen 4.30 Uhr) und dauerte bis gegen 7.30 Uhr! Die Kinder mußten dann pünktlich um 8 Uhr „auf dem Berge” sein, wenn sie etwas verdienen wollten. Sie arbeiteten im Schichtlohn oder Gedinge bis abends 6 Uhr!

Im Jahre 1852 - zehn Jahre später, als Vikar Schupmann schon in Ramsbeck war - schrieb Pastor Bigge: „Ob ihnen dabei die vorgeschriebenen Erholungszeiten von 1/4 Stunde Vor= 1/4 Stunde Nachmittags und eine Freistunde Mittags unverkürzt gestattet werden, kann ich mit Bestimmtheit nicht angeben.”

Wie lange diese Bergschule in Ramsbeck bestanden hat, geht aus den Akten leider nicht hervor. Wenn man die heute unvorstellbare Belastung für 10 - 15jährige Kinder bedenkt, dann klingt das Wort von der „guten, alten Zeit” wie blanker Hohn!

Siegfried Haas